Verbindend-Trennend 2010/11

Werke von Agi Hofer  –   „Verbindend – Trennend“ 2010/11

 Text: Silvan Corbat

Einleitung:

Die Beschäftigung mit Menschen zieht sich als roter Faden durch alle Zeiten der Malerei.

Denken wir an Künstler des 20. Jh. wie Alberto Giacometti, Francis Bacon, Max Kämpf und viele andere.

Alberto Giacometti beispielsweise fand genug Herausforderung darin, ein Gesicht oder einen gehenden Menschen überhaupt zufriedenstellend darstellen zu können und rang mit dem Thema Mensch, das für ihn unerschöpflich war, bis zum Lebensende.

Zitat: Alberto Giacometti:

„Die Wirklichkeit war für mich nie ein Vorwand um Kunstwerke zu machen, sondern die Kunst war für    mich ein notwendiges Mittel um mir klar darüber zu werden, was ich sehe.“

 Agi Hofer, die viele als sehr kommunikativen, spontanen Menschen kennen, der sich für die Mitmenschen interessiert, hat auch als Malerin eine starke Affinität für die Darstellung der „menschlichen Figur“, wobei sie auch aus der Quelle der täglichen Arbeit mit den älteren Menschen schöpft. Bisher zeigte sich dies in einer Mischform zwischen abstrakter und figürlicher Darstellung.

In der letzten Zeit hat sie eine starke Lust gepackt, etwas stärker als bisher mit ihren Bildern Geschichten zu erzählen. Dieses Erzählen geschieht sehr behutsam, zurückhaltend, in einer Weise, dass die Bilder offen bleiben, dass es keine eindeutigen Erklärungen oder Auflösungen gibt, vielmehr Andeutungen von menschlichen Beziehungen und Konstellationen, die man  bei der Betrachtung für sich selber in Worte zu fassen versuchen kann.

Impuls für diese Bilderserie / malerische Mittel:

Am Anfang dieser Bilderserie stand die Farbe Blau, nämlich der Gedanke, dass in der „blauen Stunde“ der Abenddämmerung alles in der Farbe Blau aufgeht. Diese Farbidee wurde in den 2 grossformatigen Bildern aufgenommen, führte aber bald zu anderen Assoziationen und einer Erweiterung der Grundfarbpalette mit Grau, Weiss, Rot. Wie kann man sich das Entstehen eines dieser Bilder vorstellen? Ausgangslage sind keineswegs fertige Bilder im Kopf. Vielmehr legt Agi Hofer zuerst abstrakte Farbflächen sowie vielförmige Strukturen auf die leere Leinwand. Farb -und Formrhythmen entstehen. Aus diesen entwickeln sich erste figürliche Ansätze, die dann ausgebaut werden. Dies zeigt deutlich, dass  der Malprozess etwas sehr Intuitives, vom Verstand nicht  Steuerbares, ein Sich-auf-eine–Reise-Begeben ist, sodass die Resultate für die Malende selbst überraschend sind.

Bedeutung(en):

Die Brücke mit ihren Bögen und mit ihren gemauerten Pfeilern ist ein wirklicher Ort, an dem sich Menschen begegnen und aneinander vorbeigehen Wir wechseln täglich von einer Seite auf die andere. Die Brücke ist aber auch ein sehr vieldeutiger symbolischer Ort , wie eine Theaterbühne, auf der die Stücke des Lebens gespielt werden oder sie ist ein Symbol für das Leben selbst.

Dazu ein paar Gedanken von Agi Hofer:

„Die Brücke schafft als Sprachbrücke Kontakt zwischen Mensch und Mensch. Sie verbindet, trennt, überwindet Trennung. Auf ihr erscheint jeder Mensch in seiner Art, in seiner Haltung zu den andern, mit den andern, neben den andern. Die Brücke verbindet oder trennt als weiter Bogen die Lebensalter. Jeder hat seine Sicht, je nachdem, wo er auf der Brücke steht.

Zu dieser persönlichen Sichtweise gibt es eine aufschlussreiche kurze Geschichte des persischen Dichterphilosophen RUMI:

„Die Wahrheit ist ein Spiegel, der vom Himmel gefallen ist. Dieser Spiegel ist in Tausende Stücke                zersplittert. Ein                 jeder von uns besitzt einen solchen Splitter und meint, dies sei die Wahrheit.“

Die Menschen reden miteinander, erzählen sich Geschichten, manch einer steht nachdenklich dabei und fühlt sich trotz der Nähe allein.

Die malerischen Mittel, die dies zum Ausdruck bringen, sind zum Beispiel Gegensätze wie genau-ungenau / lasierender Farbauftrag („Nebel“ erzeugen) / die verschiedenen Blickwinkel / die Farben Blau, Weiss, Grau, die eine Dämmerstimmung schaffen wie vor dem Eindunkeln: zur „blauen Stunde“!“

Abschliessende Bemerkungen:

Die Bilderserie „Verbindend-Trennend“ stellt ein durch die Farbgebung und das Thema in sich zusammenhängendes Ganzes dar, das uns durch seine erstaunliche  Vielfalt anspricht.

Wenn jetzt ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass darin Geschichten erzählt werden, so ist es doch eindeutig, dass diese Bilder  in erster Linie Farbklänge sind, Formen, die ansprechen und abstossen, mit konkreten Spuren von Bleistift, Farbstift und sogar Asche,  Farbflächen, die in der Komposition zur Harmonie des ganzen Bildes beitragen, also ganz einfach bildnerischer Ausdruck sind!